In seiner spanischen Heimat erschien das Buch „Odem“ des katalanischen Comic-Künstlers Max bereits 2012. Deutsche Comic-Fans mussten sich gedulden, bevor das Werk jetzt auch im Avant-Verlag aus Berlin erhältlich ist. Es erzählt hervorragend gezeichnet und mit zahlreichen philosophischen Bezügen von Nick, der in die Einsamkeit der Wüste flüchtet. Ein Buch, das man aufmerksam lesen sollte.
Nikodemus hat die Nase voll (und er hat eine ziemlich lange Nase!). Der Lärm und die Oberflächlichkeit der Welt nerven ihn vollends. Nur die Wüste erscheint ihm noch als einziger Rückzugsort, um den Sinn, den „endgültigen, unanfechtbaren Sinn, falls es den gibt“, zu finden. „Ich habe es satt, und zwar alles! Die Welt und die Menschen, die Dinge und die Ideen, die Wörter und die Bilder!“ Spricht’s und kippt rücklings in die Wüste.
Doch dass die Wüste lebt, wusste schon der Dokumentarfilmer James Algar. Und so verwundert es nicht, dass Nikodemus zunächst auf einen ziemlich grundentspannten Kater namens Moses trifft, der die Dinge gerne vereinfacht, zu allererst die Namen. So wird aus Moses Mosh und aus Nikodemus Nick – der übrigens in des Katers Augen einen ziemlichen Sonnenstich hat. Neben der wahrlich coolen Socke Mosh trifft Nick auch noch die kleptomanische Elster Juanita, einen traumdeutenden Schiffbrüchigen sowie seinen eigenen Schatten.
Die Geschichte einer Entsagung
Allerlei Ablenkungen versuchen ihn, vom rechten Weg abzubringen, und seine letzte Prüfung kommt mit der betörenden Allmacht der unnahbaren Königin von Saba. „Odem“ ist auch die Geschichte einer Entsagung, um dadurch der absoluten Wahrheit begegnen zu können. Wer Nick nicht in sein Herz schließt, hat wohl noch nie eine Sinnkrise erlebt.
Nicks Suche nach seinem spirituellen Gleichgewicht wird in wunderbar stilisierten Schwarz-Weiß-Zeichnungen erzählt und passt damit hervorragend in die klare Farblosigkeit der Wüste. Gerne wird seine klare Linie mit der des US-Comic-Erneuerers Chris Ware verglichen.
Max selbst erklärt zu Beginn des vorliegenden Buches, es sei partiell inspiriert von „The Wiggle Much“, der „einzigartigen, legendären Comicarbeit von Herbert E. Crowley“. Der frühe, sehr surreale Comic erschien zwischen März und Juni 1910 auf dreizehn halbseitigen Seiten in der New York Herald Tribune. Als Hommage lässt Max die von Crowley erfundene Figur in einem seiner Panels auftauchen.
Einer der bekanntesten spanischen Comic-Künstler
Max, mit bürgerlichem Namen Francesc Capdevila, wurde 1956 in Barcelona geboren und gilt heute als einer der bekanntesten spanischen Comic-Künstler und ist vielfach preisgekrönt. „Odem“ wurde 2013 beim internationalen Comicsalon in Barcelona als bestes nationales Werk nominiert. Auf Deutsch erschienen bereits „Der geheime Kuss“ und „Der Werwolf Punk“ beim Alpha Comic Verlag, sowie „Der lange Traum des Herrn T.“ und „Bardín der Superrealist“ bei Reprodukt.
Lesen Sie „Odem“ und erkennen Sie, dass man selbst in der Wüste nicht von Ablenkungen verschont bleibt. Sind Sie gar selbst in einer Sinnkrise, so ist „Odem“ eines dieser Bücher, die für surrealistisch-philosophisch veranlagte Menschen eine durchaus hilfreiche Lektüre sein können.
Max: Odem, Avant-Verlag, Berlin, 2016, 111 Seiten, gebunden, 24,95 Euro, ISBN 978-3945034491, Leseprobe
Seitengang dankt dem Avant-Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars.