„Buch Wien“ nach Corona-Pause wiedereröffnet

Isolde Charim beim Festvortrag. © LCM / Nicola Montfort
Isolde Charim beim Festvortrag. © LCM / Nicola Montfort

Die „Buch Wien“ 2021 ist eröffnet. Mit einem Festakt und der „Langen Nacht der Bücher“ begann am Mittwochabend nach einer einjährigen corona-bedingten Pause die Internationale Buchmesse in Wien. Benedikt Föger, Präsident des Hauptverbandes des Österreichischen Buchhandels, frohlockte förmlich, wie schön es sei, „dass Sie alle wieder da sind“. Er habe alle sehr vermisst. Und angesichts der auch in Österreich weiter steigendenden Corona-Zahlen habe man vielleicht einfach einfach ein „glückliches Zeitfenster“ erwischt, in der eine Messe wie diese möglich sei. In Österreich wurden am Mittwoch mehr als 11.000 Neuinfektionen gemeldet – damit haben sich die Fälle seit der vergangenen Woche fast verdoppelt. Während der gesamten Buch-Messe gilt 2G, es dürfen nur Geimpfte und Genesene in die Halle, dafür darf kann man sich ohne Maske frei bewegen. Viele Menschen nehmen ihre Masken ab, ähnlich viele tragen sie weiter.

Die Philosophin Isolde Charim hielt am Mittwochabend vor geladenen Gästen die Eröffnungsrede – in den vorherigen Jahren hatten das schon Svenja Flaßpöhler oder Terézia Mora getan. Charims Rede trug den Titel „Wendepunkt?“. Charim erklärte zu Beginn: „Unser demokratisches Universum hat in letzter Zeit zwei massive Erschütterungen erfahren. Die eine Erschütterung teilen wir mit dem Rest der Welt – nämlich die Pandemie samt den so genannten ‚Querdenkern‘ in ihrem Schlepptau. Die zweite Erschütterung aber gehört uns ganz exklusiv: Das harte Aufprallen des so genannten ‚System Kurz‘ an der Öffentlichkeit. Diese demokratischen Notfälle, oder um mit Angela Merkel zu sprechen: diese demokratischen Zumutungen, ereilen uns nahezu zeitgleich.“

Charim erinnerte an den Atomphysiker Niels Bohr, der über einer Tür ein Hufeisen hängen hatte. Als er darauf angesprochen wurde, ob er denn daran glaube, dass das Glück bringe, antwortete Bohr: „Natürlich nicht, aber es soll auch helfen, wenn man nicht daran glaubt.“

„Die Bedeutung des demokratischen Mythos

Ausgehend von dieser Anekdote leitete Charim über zur Demokratie. Mit ihr sei es ähnlich: Menschen nähmen die Demokratie nicht mehr ernst und nähmen dennoch an, dass sie wirkt, obgleich man nicht an sie glaubt. Aber die Demokratie habe ihre Bedeutung verändert. „Genauer gesagt: Die Bedeutung des demokratischen Mythos hat sich verändert. Denn dieser meint heute: individuelle Freiheit.“ Damit gelangte Charim zur zweiten Erschütterung der Demokratie, der Pandemie. Die Corona-Pandemie habe sichtbar die Rückkehr des Staates gebracht, der Entscheidungen treffen müsse. Und das nächste Total-Ereignis sei ja schon da: der Klimawandel.

Die sogenannten „Querdenker“ träten „im Namen der Demokratie auf gegen das, was sie eine ‚Diktatur‘ nennen. Diktatur eben, weil der Staat als Entscheidungsgewalt derart sichtbar geworden ist.“ Diese neue Realität einer deutlichen staatlichen Entscheidungsgewalt und der Mythos von der eigenen individuellen Freiheit wiesen heute auseinander, erklärte die Philosophin Demokratie brauche deshalb einen neuen Glauben: „Einen Glauben, der sich nicht auf die individuelle Freiheit beschränkt.“

Nach der Eröffnung begann wie immer die beim Publikum sehr beliebte „Lange Nacht der Bücher“. Die oberösterreichischen Zwei-Mann-Band „Attwenger“ spielte das Eröffnungskonzert, zu dem dann auch das normale Publikum zugelassen war, und schaffte es am Ende der 45 Minuten noch, zumindest ein paar junge Besucher*innen zum Tanzen zu bewegen. Die beiden Musiker Markus Binder und Hans-Peter Falkner waren zuvor ein wenig verblüfft, wie verhalten das Publikum während ihrer Darbietung reagierte und regten mit trocken-humorigen Anmerkungen immer wieder zum Ausrasten an. Wie gesagt: Zum Ende hin gelang das dann, aber sicherlich war es zum Ausrasten und Pogotanzen das falsche Publikum.

Attwenger beim Eröffnungskonzert. © LCM / Nicola Montfort
Attwenger beim Eröffnungskonzert. © LCM / Nicola Montfort

Eva Menasse, Sebastian Fitzek, Michael Köhlmeier und Doris Knecht stellten vor zahlreichem Publikum ihre neuen Bücher vor, in der Donau-Lounge wurde derweil über Political Correctness diskutiert, und auf der Standard-Bühne spielte sich der vor allem beim jungen Publikum sehr beliebte Poetry Slam ab. Wie immer: sehr lautstark von den Fans des literarischen Wettbewerbs gefeiert. Raphaela Edelbauer, die Gewinnerin des am Montag, 8. November, verliehenen Österreichischen Buchpreises kam nicht zur „Langen Nacht“ – sie wird am Freitag auf der Buchmesse sein.

„Die politische Situation macht mich weniger zornig als unglücklich“

Michael Köhlmeier, der mit seinem lange erwarteten Spitzentitel „Matou“ zur Buchmesse gekommen war, einem 960 Seiten langen Roman, in dem er einen Kater aus seinen sieben Leben erzählen lässt, kam nicht dazu, sein Buch genauer vorzustellen. Denn auf der großen ORF-Bühne ist es der österreichische Kabarettist und bekennende „Lese-Junkie“ Florian Scheuba, der Köhlmeier in ein nicht minder interessantes Gespräch über die derzeitige politische Situation in Österreich verwickelt. Köhlmeier deutlich: „Die politische Situation macht mich weniger zornig als unglücklich. Dass man unserer Intelligenz sowas antun kann!“

Scheuba und Köhlmeier wechselten schließlich über in eine philosophische Betrachtung der Wörter „Lüge“ und „Wahrheit“. Er, Köhlmeier, stimme Ingeborg Bachmanns Zitat, die Wahrheit sei den Menschen zumutbar, nur in Bezug auf den Nationalsozialismus zu. „Aber doch nicht generell!“, sagte er, und Scheuba sprang ihm mit dem Stichwort „Gnade des Nichtwissens“ bei. Köhlmeier sagte, er wolle nicht alles wissen. Manches wisse er inzwischen, von dem er jetzt sagen würde: „Hätte ich lieber nicht gewusst.“ Auch das Wort „Lüge“ habe nicht nur eine Bedeutung, etwa die Lüge, die einem Menschen schade, oder die andere, die einem Menschen nütze. Beides aber hieße „Lüge“.

Michael Köhlmeier: Matou, Hanser-Verlag, München, 2021, 960 Seiten, gebunden, 34 Euro, ISBN 978-3446270794, Leseprobe

„Es ist real, dass Frauen im Netz zu leiden haben“

Kurz vor Toreschluss war noch Doris Knecht zu Gast bei Scheuba auf der ORF-Bühne. Sie stellte ihren neuen Roman „Die Nachricht“ vor. Vier Jahre nach dem Tod ihres Mannes lebt Ruth allein in dem Haus auf dem Land, wo die Familie einst glücklich war. Die Kinder haben längst ihr eigenes Leben, während Ruth das Alleinsein zu schätzen lernt. Bis sie eines Tages eine anonyme Messenger-Nachricht bekommt, von einer Person, die mehr über ihre Vergangenheit zu wissen scheint als Ruth selbst.

„Doris Knecht schreibt über eine Frau, die plötzlich zur Verfolgten wird, und erweist sich einmal mehr als virtuose Skeptikerin zwischenmenschlicher Beziehungen“, heißt es aus Verlagssicht.

Knecht selbst ist in den sozialen Netzwerken nicht aktiv, anders als ihre Protagonistin. Knecht hat zwar einen Twitter-Account, lese dort aber nur mit. „Ich habe mich noch nie getraut, dort was zu twittern – dafür ist meine Haut nicht dick genug.“ Und meint: Nicht dick genug für die Reaktionen, die kommen werden. Denn das was kommt, sei klar. Und oft nicht besonders sachlich oder gar freundlich.

Moderator und Slammer Markus Köhle geht beim "Poetry Slam" in die Luft. © LCM / Richard Schuster
Moderator und Slammer Markus Köhle geht beim „Poetry Slam“ in die Luft. © LCM / Richard Schuster

Knecht verglich das mit den Medien, bei denen sie Kolumnen geschrieben hat oder noch schreibt, die aber keine anonymen Foren haben. „Dort bekomme ich Leserpost und kann reagieren, aber nicht auf Nutzer mit Namen wie ‚Arschbombe324‘.“ Sie habe auch schon viel beschriebenes Klopapier bekommen, „aber wenn man denen freundlich zurückschreibt, sind die auch zurück sehr freundlich“. Der Standard zum Beispiel habe auch online einen Vorabdruck ihres Romans veröffentlicht – darunter habe sich eine Welle des Hasses ergossen. Das habe sie sich nicht angetan. „In meinem Roman wollte ich das dann mal fühlbar machen, wie man bedroht wird und was das für Entwicklungen nehmen kann“, sagte sie. Und man müsse da nicht groß was erfinden: „Frauen in der Öffentlichkeit, die starke Stimmen haben, erleben das.“

Was Doris Knecht den Frauen raten würde, fragte Scheuba. „Ich würde lieber den Männern raten, das nicht mehr zu tun. Frauen können das nicht beeinflussen – man muss den Männern beibringen, keine Täter zu werden. Es ist real, dass Frauen im Netz zu leiden haben.“ Auch Männern passiere das, ja. Aber Männer würden anders beleidigt – Frauen eingeschüchtert und abgewertet. Helfen würde aus Knechts Sicht, wenn Frauen mehr geschützt würden und stärkere Netze bekämen: „Es gibt einfach zu wenige Stellen, wo Frauen hingehen können und dort ernst genommen werden.“

Doris Knecht: Die Nachricht, Hanser Berlin, Berlin, 2021, 256 Seiten, gebunden, 22 Euro, ISBN 978-3446271036, Leseprobe

Fünf Freunde und das Ende der Welt

Eigentlich müssten wir tanzenWas bleibt, wenn die Welt untergeht und man selbst ist der einzige Überlebende? Zahlreiche Filme und Bücher haben sich diesem Szenario gewidmet. Der 1978 in München geborene Heinz Helle hat jetzt noch eine weitere Version hinzugefügt. In „Eigentlich müssten wir tanzen“ sind es allerdings mindestens fünf Menschen, die überlebt haben, fünf Freunde aus alten Zeiten, die unbedingten Lebenswillen haben. Das Buch aber hat bloß Literaturwillen, und schafft es am Ende nicht.

Der dystopische Roman spielt irgendwo im Grenzgebiet zwischen Österreich und Deutschland, vielleicht auch der Schweiz. Fünf Männer, dicke Freunde einst, jetzt nur noch verbunden durch die Erinnerung an alte Zeiten, haben gerade ein Wochenende in einer Berghütte verlebt. Plötzlich werden sie der Rauchwolken gewahr, die aus dem Dorf im Tal aufsteigen. Es brennt. Nicht nur ein Haus oder zwei. Das ganze Dorf steht in Flammen.

„Es gab Zeiten, in denen brennende Dörfer ganz normal waren, ebenso wie brennende Städte. Aber hier und heute fiel das, was wir da unten sahen, so sehr aus dem Kontext unserer gewohnten Wahrnehmung, dass wir zu keinerlei Reaktion fähig waren.“ Einer macht den Vorschlag, zum Auto zu gehen, zur Bestätigung, dass doch alles in Ordnung ist. Doch auch hier: Alles verbrannt.

Nicht nachvollziehbare Gefühllosigkeit

Zu Beginn des Romans sind die Männer schon mehrere Wochen unterwegs. Es ist kalt, und der Schnee liegt hoch, obwohl die Schneekanonen ruhen. Was eigentlich passiert ist und warum die Welt jetzt ist, wie sie ist, das erzählt Helle nicht. Vielleicht hatte er Angst, dass er sonst seine Geschichte nicht mehr plausibel würde erzählen können. Berechtigterweise, denn der Roman krankt neben einer überhaupt nicht nachvollziehbaren Gefühllosigkeit vor allem an einigen Ungereimtheiten.

Ganz zuvorderst: Warum sollten sich jene Menschen, denen die Zivilisation abhanden kommt, grundlos zu unmoralischen Tieren zurückentwickeln? Warum sollten die Überlebenden nicht wissen wollen, was die Welt so verändert hat? Und warum sollten sie all jene Überlebensstrategien, die man doch im Hinterkopf gespeichert hat, über Bord werfen und völlig unüberlegt handeln? Das kann nur dann passieren, wenn sich der Autor aus einem ursachenfreien Szenario einen frei bespielbaren Sandkasten schafft, aber mit den Förmchen und Schäufelchen nicht umzugehen weiß.

Helle will offenbar zweierlei: Erstens einen düsteren Horrorroman vorlegen, in dem sich der Leser allmählich verloren fühlt. Deshalb streut er dann und wann ein paar grausige Szenen ein. Gleich zu Beginn schockiert er den Leser völlig unnötig mit einer Gruppenvergewaltigung einer dem Tode nahen Frau. Jeder der fünf Freunde darf mal ran, und es fällt sogar der nie passende Satz „Du willst es doch auch“. Es folgen weitere brutale Übergriffe, auch unter den Freunden. Später treffen sie einen Fremden, schlagen seinen Kopf zu Brei. Der Ich-Erzähler nimmt die verstörenden Momente jedoch so nüchtern und emotionslos auf wie ein Ergebnisprotokoll.

Seine literarische Stärke entgleitet ihm

Das wiederum ist Andeutung von Helles zweiter Intention: Er will auch im Fach Literatur brillieren. Seine Verknappung der Sprache auf das Nötigste – auch wörtliche Rede gebraucht er kaum -, die kühle Darstellung in 69 Kapitel-Miniaturen auf immerhin nur rund 200 Seiten, diese literarischen Mittel beherrscht Helle schon seit seinem Debütroman „Der beruhigende Klang von explodierendem Kerosin“. Durch das Hinzufügen von Horrorelementen aber entgleitet ihm die literarische Stärke. Er verzettelt sich, es wird zu undeutlich, was er eigentlich will. Helles Betrachtung über den zivilisierten Menschen im rohen Überlebenskampf ist philosophisch vielleicht noch interessant – der Autor studierte Philosophie in München und New York -, aber weder ist sie bedeutsam, noch besonders nachhallend.

Was am Ende dieses Romans bleibt, ist auch die Frage, ob man jetzt nicht doch ein wenig Lebenszeit vertan hat. Stattdessen hätte man lieber Cormac McCarthys „Die Straße“, Thomas Glavinics „Die Arbeit der Nacht“ oder David Monteagudos „Ende“ lesen sollen. Alle drei Bücher handeln vom Weltuntergang. Alle drei sind wirklich stark – und ohne Frage keine vertane Lebenszeit.

Heinz Helle: Eigentlich müssten wir tanzen, Suhrkamp Verlag, Berlin, 2015, 175 Seiten, gebunden, 19,95, ISBN 978-3518424933

Bei zehnseiten.de liest Heinz Helle aus seinem Roman vor: Sehen Sie hier das Video!

Buch Wien: Lewitscharoff wettert gegen Amazon

DSC_0197Die internationale Buchmesse „Buch Wien“ ist eröffnet. Am Mittwochabend nutzte die Eröffnungsrednerin Sibylle Lewitscharoff die Gelegenheit, neben ihrem angekündigten Beitrag über die Zukunft des Lesens auch gegen das Online-Versandhaus Amazon zu wettern: „Wenn ich eine Firma hasse, dann Amazon!“

Die frisch gekürte Georg-Büchner-Preisträgerin fand scharfe Worte gegen den aggressiven Online-Händler: „Amazon bezahlt keine Steuern in den Ländern, in denen dieser widerliche Club eine Menge Geld verdient. Er bezahlt seine Angestellten empörend schlecht, ruiniert die Buchhändler und zunehmend auch die Verlage.“

Sie selbst habe zuletzt notgedrungen bei Amazon bestellen müssen, weil es in ihrem Stadtteil von Rom, wo sie derzeit als Stipendiatin der Villa Massimo wohnt, erschreckenderweise keine Buchhandlung mehr gebe und auch kein anderer Händler in Rom das Buch habe beschaffen können. Das sei eine ziemlich scheußliche Welt, sagte Lewitscharoff.

„Mit einem Jubelruf auf den Lippen ins Grab“

„Sollte es mir vergönnt sein, den Tod dieser verhassten Firma zu erleben, sinke ich mit einem Jubelruf auf den Lippen ins Grab“, erklärte sie weiter. Viel Hoffnung aber habe sie nicht.

Lewitscharoff bekannte sich offen und frenetisch dazu, Bücher zu lesen, und zwar solche, die zwischen zwei Buchdeckeln zu finden sind: „Ein Buch ist wie eine Schatulle.“ Das eBook jedoch werde wohl auch nicht so schnell wieder vom Markt verschwinden. „An diese Art des Lesens werde ich mich aber nie gewöhnen können.“ Zu flüchtig sei sie, zu „verschwindibushaft“.

„Ein Buch zu lesen, das ist ein ganz anderer Vorgang, als einen elektronischen Text auf ein Gerät aufzuladen.“ Man öffne ein Buch, schließe es und fühle die Seiten beim Umblättern. „Elektronische Texte rauschen bei mir durch, bei Büchern weiß ich oft noch nach Jahren, wo ich bestimmte Stellen suchen muss und vor allem auf welcher Höhe einer Seite.“

„Sie leben in einem literaturgesegneten Land“

Über die Zukunft des Buches redet Lewitscharoff allerdings nicht so gern wie über die Vergangenheit. An die Österreicher gerichtet sagte sie: „Sie leben in einem literaturgesegneten Land.“ Das 20. Jahrhundert der deutschsprachigen Literatur gehöre ganz den Österreichern. Und sie zählte all jene österreichischen Schriftsteller auf, die ihr „Herz hüpfen lassen“, darunter Musil und Doderer.

Lewitscharoff sprach erfrischend offen über ihre Lesegewohnheiten. Eine Nachtleserin sei sie, niemals eine Tagesleserin. „Bett oder Sofa sind die idealen Unterlagen für den Körper.“ Sie habe sich eine innere Familie angelegt, zu der einige Personen der Literatur gehören. „Vielleicht habe ich mir diese innere Familie erschaffen, weil ich mit meiner eigenen Familie unzufrieden war.“

An Büchern schätzt Lewitscharoff, dass „wir unendlich viele Menschen kennenlernen, ja, sogar in ihren Gedanken sein können.“ Manchmal würde sie gerne mit den Figuren schwätzen, auch wenn sie das Buch schon zu Ende gelesen hat. „Aber ich scheue mich davor, in der Öffentlichkeit zu sein und die Lippen zu bewegen.“ Ihr Ein und Alles, das ist bekannt, ist Franz Kafka. Immer wieder spricht sie davon, dass sie ein inniges Verhältnis zu ihm habe. Mit seinen Figuren aber ließen sich keine Gespräche fortführen.

„Ich glaube an die Zukunft des Buches“

Zum Schluss ihrer beeindruckenden Rede kehrte sie von der Vergangenheit zur Zukunft zurück. Mit Nachdruck sagte sie: „Ich glaube an die Zukunft des Buches zwischen zwei Deckeln und werde weiterhin Bücher bei Buchhändlern kaufen.“

Zuvor hatte schon Claudia Schmied, österreichische Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur, das Versprechen abgegeben, wieder mehr Bücher zu kaufen. „Ich freue mich, dass ich bald wieder mehr Zeit zum Lesen habe.“ Ende September hatte sie nach fast siebenjähriger Amtszeit den Rückzug aus der Politik angekündigt.

Schmied hat in allen sechs Jahren die „Buch Wien“ eröffnet und stets sehr bewusst unterstützt. Am Abend sagte sie zum letzten Mal als Bundesministerin die Worte: „Die Buch Wien 2013 ist eröffnet.“

Mehr als 300 Autoren zu Gast

Von Donnerstag bis Sonntag sind mehr als 300 Autorinnen und Autoren auf der größten österreichischen Lesemesse zu Gast. Mit rund 8.800 Quadratmetern Ausstellungsfläche ist die „Buch Wien“ im sechsten Jahr ihres Bestehens erneut gewachsen und stößt jetzt an die Grenzen der belegten Halle D.

In der Größe vergleichbar mit der Leipziger oder gar der Frankfurter Buchmesse ist sie indes nicht. Wesentlich kleiner kommt sie daher, wirkt dadurch aber auch familiärer.

Das vollständige Programm ist hier abrufbar. Der Text der Eröffnungsrede von Sibylle Lewitscharoff ist hier nachzulesen.

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