Todesursache: Ertrunken an Selbstmitleid

Als Irene bemerkt, dass ihr Mann Gil heimlich ihr Tagebuch liest, heckt sie einen bitterbösen Plan aus. Fortan schreibt sie zwei Tagebücher: Das rote, das für die Augen ihres Mannes bestimmt ist, und ein blaues, dem sie ihre wirklichen Gedanken anvertraut. Eine Idee, aus der ein guter Roman hätte werden können. Die Amerikanerin Louise Erdrich aber verzettelt sich.

Gil und Irene – nach außen hin sind sie das perfekte Ehepaar. Er der erfolgreiche Maler, sie seine Muse, dazu drei Kinder und zwei Hunde. Doch innen gärt es. Irene ist unglücklich und will die Trennung. Da kommt ihr die Entdeckung, dass Gil ihr Tagebuch liest, gerade recht. In ihrem roten Tagebuch erfindet sie Affären mit anderen Männern und schreibt sogar, dass jedes ihrer drei Kinder von einem anderen Mann, aber keines von Gil stamme. Sie will ihn verletzen und vertreiben. Das wiederum notiert sie in ihrem echten Tagebuch, dem blauen, das sie in einer Bank schreibt und dort in einem Schließfach aufbewahrt.

Diese zwei parallelen Tagebuchwelten wären eine hervorragende Grundlage für einen tollen Roman über eine Ehe, die sich ausgelebt hat. Aber Erdrich lässt die Tagebuchwelten zu sehr in den Hintergrund treten. Stattdessen übernimmt der Erzähltext die Hauptrolle und erklärt dem Leser in teilweise schwülstigen Sätzen, was Irene bewegt. Das allerdings ist selten nachvollziehbar.

Irene trägt offenbar schwer an der Ehe mit Gil. Sie greift beherzt zur Weinflasche, auch ihren Kindern bleibt das nicht verborgen. Zu denen hat sie überhaupt eine besonders enge Bindung; Gil dagegen unterstellt sie Gleichgültigkeit. So trägt sie ihrem Mann immer noch nach, dass der die Fernsehbilder im Krankenhaus spannender fand als die Geburt seines jüngsten Sohnes, der am 11. September 2001 zur Welt kam. Und noch immer schäumt sie über vor Wut, wenn sie daran denkt, wie er immer wieder zum Fernseher ging, obwohl sie ihn bat, nicht zu gehen, weil sie jetzt seinen Sohn bekäme.

Ja, Irene und Gil leiden sehr in ihrer Ehe. Beide ertrinken geradezu in ihrem Selbstmitleid, wenn gerade kein Alkohol zur Hand ist. Ein Lichtblick in dieser Erzählung ist sicher der Besuch bei der Paartherapeutin, der zumindest komödiantische Anwandlungen hat und dem Leser ein Lächeln abringt. Denn über weite Strecken ist dieses Buch eher eine langweilige Mixtur aus unausgereiften Ideen.

Da hilft es auch nicht mehr, dass der Leser Einblick in die indianische Kultur erhält. Denn Irene und Gil stammen beide, wie auch die Autorin selbst, von Indianern ab. Es ist eines der wenigen Dinge, die Gil und Irene nach langen Jahren der hasserfüllten Liebe noch verbindet. Am Ende reicht es nicht, um das Buch lesenswert zu machen.

Schließlich, und soviel soll vorweggenommen werden dürfen, ertrinken beide tragisch an ihrem Selbstmitleid.

Louise Erdrich: Schattenfangen, Suhrkamp Verlag, Berlin, 2011, 239 Seiten, gebunden, 17,90 Euro, ISBN 978-3518422236

Goethe ruft an? Lass es klingeln!

„Goethe ruft an“, das ist nicht nur der Titel, sondern zugleich auch der erste Satz von John von Düffels neuem Roman, in dem viel über die Qualität eines ersten Satzes gestritten wird. Goethe ist allerdings gar nicht der Goethe, sondern er wird von dem namenlosen Erzähler nur so genannt: „Weil er so sehr Goethe ist, wie man heute nur sein kann. Ein Klassiker gleichsam zu Lebzeiten.“ Goethe, das ist der erfolgreiche, beliebte Schriftsteller, dem einfach alles gelingt. „Vor Elvis war nichts“, sagte John Lennon einst. Ähnlich tief verneigt sich auch der Erzähler vor diesem Goethe, der nicht Goethe ist.

Und genau dieser Mann, dieser überaus erfolgreiche Schriftsteller-Gott, ruft nun beim Erzähler an, der schon seit langer Zeit nichts Großartiges mehr zu Papier gebracht hat. Er sei gezwungen, nach China zu reisen, weil sein neustes Buch dort so überaus groß gefeiert werde, dass man ihn nun höchstselbst vor Ort wissen wolle, sagt Goethe. Er benötige deshalb einen Vertreter, der für ihn den Schreibkurs in der Lausitz übernehme. In wortreichen Erklärungen vermittelt Goethe seinem Freund und Schriftstellerkollegen die Wichtigkeit dieses Kurses, den er selbst wiederholt und selbstverständlich erfolgreich geleitet habe. Der Erzähler nimmt an und bekommt als Hilfestellung ein Goethe-Manuskript, von dem es nur dieses eine gibt. Darin: Die Wahrheit, wie man erfolgreich schreibt. Die Goethe-Formel. Als Goethes Assistentin – sinnvollerweise nennt der Erzähler sie Frau Eckermann – ihm das wertvolle Manuskript nach Hause bringt, nimmt das Unheil seinen Lauf.

Von Düffel legt seinen Roman als Satire an. Und teilweise ist das auch herrlich zu lesen, wie dort in der Lausitz die Schreibkurs-Teilnehmer nach Perfektion suchen: Der Kritiker Schwamm, der das Buch des Erzählers in einer bösen Rezension verrissen hat, aber selbst schon am ersten Satz für sein eigenes Buch scheitert, weil er dermaßen hohe Maßstäbe für das literarische Schaffen setzt. Marlies Rottenmeier, die sich der Naturlyrik verschrieben hat, und ihr Mann Hermann, der das Schweigen gelernt hat, wenn seine Frau spricht. Und Hedwig, die Unterhaltungsromane für die Bahnhofsbuchhandlung am laufenden Meter produziert und unfassbar schöne Beine hat. So skurril die Figuren gezeichnet sind, so sehr fehlt es ihnen an der Tiefe, in die sie selbst literarisch eindringen wollen. Es ist ein Buch vom Zweifeln und Verzweifeln, aber auch zum Verzweifeln.

Trotzdem, das ist alles mitunter wunderbar zu lesen, weil es auch von Düffels Wortwahl ist, die so begeistern kann. Kritiker sprechen von einer Virtuosität, die er auch in diesem Roman zeigen kann. Doch so virtuos hier mit Worten jongliert wird, so lähmend und nervend ist es auf Dauer. Besonders wenn Goethe anruft, wünscht sich der Leser schnell: Oh, möge er doch wieder auflegen! Deshalb merke: Wenn Goethe anruft, lass es besser klingeln!

Der Erzähler hingegen stammelt mehr vor sich hin, als dass er Sinnvolles beizutragen weiß. Ein „Äh“ ergibt das andere. Die Gespräche der übrigen Charaktere werden bis zum Ende ausgeschlachtet, weil sich der Witz gerade in diesen Dialogen entwickelt. Dort entlarven sich die Ewigsuchenden selbst. Doch der Leser braucht dazu einen langen Atem. Das hätte John von Düffel beachten sollen, seinen Lesern zuliebe, ist er selbst doch der Autor, der sich mit dem Wasser auskennt, wie seine bisherigen Werke gezeigt haben. Und auch in diesem Roman geht es viel um Wasser. Es gibt eine Kahnfahrt, und es wird auch einiges erschwommen und getaucht.

Der Leser allerdings muss leider zu lange im Wörtersee schwimmen. 320 Seiten sind für diesen Roman einfach zu viel.

John von Düffel: Goethe ruft an, DuMont Buchverlag, Köln, 2011, 320 Seiten, gebunden, 19,99 Euro, ISBN 978-3832196493

Gesucht: Sicherheit

Magnus hat auf einem Internat in Irland sein Abitur gemacht und feilt jetzt an seiner Cambridge-Bewerbung, Carolin wurde von ihrer Mutter mit einem Kochlöffel verprügelt und Luisa hat sich für 13 Jahre bei der Bundeswehr verpflichtet. Gemein ist ihnen, dass sie im Alter zwischen 18 und 25 Jahren sind und der Generation „Facebook“ angehören. Oder der Generation „Faul“. Oder wie auch immer diese jungen Menschen bezeichnet werden, die herangewachsen sind und unsere Gesellschaft zukünftig mitbestimmen werden. Die beiden jungen Autorinnen Anne Kunze und Katrin Zeug, beide selbst erst Anfang 30, haben in ihrem Buch „Ab 18“ die Geschichten dieser jungen Menschen aufgeschrieben. Mal als Interview, dann als Fließtext, herrlich nah dran und ohne sie bloßzustellen.

Sie erzählen von ihrem Alltag, ihren Träumen und Sorgen. Auffallend ist, dass die meisten dieser jungen Menschen Familien gründen wollen. Richard etwa – mit ihm beginnt das Buch, weil er der Jüngste ist – will vier Kinder haben. Er hat keine Freundin, aber eine Geliebte. Carolin, ebenfalls 18 Jahre, möchte ihre Kinder streng erziehen, „aber vor allem soll mein Kind sehen, dass ich es liebe.“

Aus ihrer eigenen Kindheit erzählt sie, wie ihre Mutter sie mit dem Kochlöffel in die Ecke geprügelt hat und dass sie immer unter ihrer Fettleibigkeit gelitten hat: „Viele Freunde hatte ich nie, ich bin dick, seit ich denken kann. In der Schule wurde ich sehr stark gemobbt. (…) Einmal ist einer, als ich mit dem Bus nach Hause gefahren bin, hergekommen und hat mir eine Stecknadel in den Bauch gesteckt, um zu sehen, ob der platzt.“ Familie zu haben, das spielt für sie eine große Rolle. Manche von ihnen telefonieren täglich mit ihren Eltern, halten immer noch große Stücke auf deren Ratschläge und wollen in der Zukunft ihren Kindern eine glückliche Familie bieten, auch wenn einige von ihnen selbst keine glücklichen Erinnerungen an die eigene Kindheit haben.

Die beiden Autorinnen sind durch ganz Deutschland gefahren, haben Offiziersanwärter in einer Kaserne getroffen, eine Punkband in ihrem Proberaum besucht, eine zum Islam konvertierte Frau beim Fastenbrechen der muslimischen Jugend in Berlin begleitet und einen jungen Fotografen auf seiner Finissage seiner Ausstellung auf der Reeperbahn interviewt. Es geht um Moral, Religion und Wertevorstellungen. Um Ehrgeiz, Facebook und den täglichen, prüfenden Blick in den Spiegel. Viele wissen genau, was sie wollen. Und die meisten von ihnen streben vor allem nach Sicherheit.

Sandra etwa. Sie ist 22, studiert BWL im zweiten Semester und sagt: „Ich wünschte, jemand würde mir sagen, was ich machen soll. Irgendeine Sicherheit. Wenn ich an meine Zukunft denke, bekomme ich Beklemmungen: Ist das richtig, was ich mache? Soll ich lieber abbrechen und eine Ausbildung als irgendwas machen?“ Wie ein Kommentar darauf klingt eine Äußerung der 22-jährigen Tuğba: „Wir wissen in unserer Generation: Der Zeitpunkt, zu dem wir uns sicher fühlen, wird niemals kommen. Deswegen wollen wir flexibel sein, in jedem Moment unseres Lebens Glück finden und suchen, genießen und glücklich sein, man kann das nicht hinausschieben. Vielleicht kann man aber versuchen, mit weniger auszukommen.“

Die Autorinnen erklären ausdrücklich in ihrem Vorwort, dass die Geschichten keine Fallstudien und keine Exempel seien, sondern nur verrieten, wie es ist, heute in Deutschland erwachsen zu werden. Das gelingt. Das gelingt ganz wunderbar. Vielleicht auch deshalb, weil die Autorinnen vor allem Menschen gesucht haben, die sie aufgrund ihrer Tätigkeit oder ihrer besonderen Situation interessiert haben. Anderen sind sie ganz zufällig begegnet oder haben mit Freunden von Freunden gesprochen. Entstanden ist eine authentische Reportage über die Generation der heute 18- bis 25-Jährigen, die absolut lesenswert ist und Grundlage für Diskussionen bietet. Lesen!

Anne Kunze, Katrin Zeug: Ab 18, Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2011, 240 Seiten, broschiert, 16,95 Euro, ISBN 978-3498035570

In Schweden stirbt es sich an Paganini

Im Stockholmer Nobelviertel Östermalm erhängt sich ein Mann. Doch das Zimmer hat keine Möbel – wie also hat er sich umbringen können? Wenige Stunden später wird auf einer einsamen Yacht in den Schären eine Frau gefunden, die offensichtlich ertrunken ist. Ihre Kleidung und ihr Körper sind jedoch trocken – wie also konnte sie ertrinken? Das fragt sich auch die Stockholmer Polizei. Erst der eigensinnige Kommissar Joona Linna findet die Verbindung zwischen den beiden Todesfällen. Und dann muss nicht mehr nur die Landeskriminalpolizei ermitteln, sondern auch noch der Staatsschutz.

Mit „Paganinis Fluch“ legt das schwedische Autorenduo Alexandra und Alexander Ahndoril alias Lars Kepler den lang erwarteten Nachfolger ihres Debüts „Der Hypnotiseur“ vor. Der beschert dem Leser ein Wiedersehen mit Joona Linna, dem Kommissar mit finnischen Wurzeln und einem Hang zur Dickköpfigkeit. Dessen Charakter entwickelt sich vor allem durch seine Arbeit bei der Landeskriminalpolizei, das Privatleben blitzt nur hin und wieder auf und hätte auch ganz aus dem Buch gestrichen werden können. Und obwohl der Anfang durchaus spannend geschrieben ist, entwickelt sich das Buch erst ab der Mitte zu einem Pageturner. Dann aber will man es auch nicht mehr weglegen, es sei denn, man muss die Augen vor den allzu blutrünstigen, brutalen Details verschließen.

In welche Richtung sich alles entwickelt, ist am Anfang noch herrlich unklar, obwohl der Leser weiß, dass der Erhängte Generaldirektor der Staatlichen Waffenkontrollbehörde und die Ertrunkene die Schwester der Friedensaktivistin Penelope Fernandez war. Doch wie hängt das alles zusammen? Und was hat das alles mit dem Teufelsgeiger Paganini zu tun? Dieser Krimi ist kein literarisch wertvolles Werk, aber es bietet dramatisch-spannende Unterhaltung und eine gute Vorlage für das eigene Kopfkino. Im Vergleich zum Debüt haben sich die beiden Autoren gesteigert, an die Klasse eines Henning Mankells oder Stieg Larssons kommen sie trotz des großen Themas ihres Buches nicht heran. Vielleicht noch nicht.

Einige Worte noch zum Titel des Buches. Möglicherweise verkauft sich ein Krimi mit dem Titelbestandteil „Fluch“ auf dem deutschen Buchmarkt zurzeit besonders gut, wenn immer noch Vampire und Zauberer ihr Unwesen in den Bestsellerlisten treiben. Trotzdem wäre eine Übersetzung des schwedischen Originaltitels „Paganinikontraktet“ zu „Paganini-Vertrag“ vielleicht nicht verkaufsfördernder, aber sinnvoller gewesen. Denn soviel sei verraten: Es geht hier nicht um einen Fluch, den jemand ausstößt, um damit Menschen zu töten, sondern um einen Vertrag. Und der Einsatz der Vertragsparteien ist der ganz persönliche Albtraum.

Lars Kepler: Paganinis Fluch, Gustav Lübbe Verlag, Köln, 2011, 621 Seiten, gebunden, 19,99 Euro, ISBN 978-3785724286

Alberne Vampire

„Hier können wir nicht anhalten. Das ist Fledermausland“, sagt Raoul Duke alias Johnny Depp in Fear and Loathing in Las Vegas. Wie recht er hat: Um Fledermausland sollte man besser einen großen Bogen machen, es sei denn, man steht auf alberne Tommy-Jaud-Vampire.

Denn wahrscheinlich hätte Tommy Jaud einen ähnlich bemüht-lustigen Vampirroman schreiben können, wenn Oliver Dierssen das nicht schon für ihn übernommen hätte. Der Hannoveraner hat als Protagonisten seines Urban-Fantasy-Romans den planlosen Möchtegern-Studenten Sebastian Schätz erfunden, der in Niedersachsens Landeshauptstadt vor sich hinpuzzelt. Er arbeitet für kleines Geld in einem Asiashop, in seiner Zwei-Zimmer-Wohnung herrscht kreatives Chaos und seine Eltern gehen derweil fest davon aus, dass ihr Filius emsig studiert. Und dann ist da noch Kim, jene nach Mango duftende, unglaublich gutaussehende Frau, an der er interessiert ist, die mit ihm aber immer nur ins Kino gehen will. Kann man ihr allerdings nicht verdenken, denn Sebastian Schätz stellt sich selbst als wehleidiges, antriebsloses Bürschchen dar – die flapsige Sprache, in der er dem Leser von seinen skurrilen Erlebnissen erzählt, macht es leider nicht besser.

Alles beginnt damit, dass Sebastian eines Nachts Besuch von einer Fledermaus bekommt. Das macht ihn derart panisch, dass er zunächst nackt in den Wohnungsflur flüchtet und von dort einige Notrufnummern wählt. Als ihm aber niemand helfen will, packt er erstaunlicherweise das Problem selbst an, mit der Folge, dass er schließlich nur mit einem Bademantel bekleidet auf der Fensterbank steht und seine Hand im Rollladenkasten festklemmt. Danach überschlagen sich die Ereignisse, Spannung kommt deshalb aber nicht auf. Spannung, die klingt im Fledermausland so: „Die Windschutzscheibe des Wagens zerbarst. Eine Flut winziger Scherben ergoss sich ins Fahrzeug. Es klirrte, zischte und schäumte. Die Luft roch nach Fanta. Das Taxi kam von der Fahrbahn ab, stieß ungebremst gegen ein Hindernis, drehte sich um die eigene Achse. Die Fliehkraft riss an mir, warf mich in die Sicherheitsgurte, presste mir die Luft aus den Lungen.“ (S. 244)

Ja, Sebastian Schätz erlebt so einige ereignisreiche Tage. Er wird auf einer Kinotoilette von einem depressiven Vampir angefallen, ein Oger sucht ihn wegen einer Lebensberatung auf und urplötzlich hat er auch noch einen putzwütigen Gast zu Besuch, der in seinem Spülenschrank übernachtet. Als schließlich Zwerge auf seinem Sofa sitzen, glaubt auch Sebastian, dass hier nicht mehr alles mit rechten Dingen zugeht.

Wahrscheinlich braucht es eine bestimmte Art von Humor, um dieses Buch zu mögen. Tommy-Jaud-Fans kommen sicherlich auf ihre Kosten. Wer jedoch einen ernsthaften Vampirroman erwartet, sollte besser die Hände davon lassen und sich an die Radleys halten. Dem „Fledermausland“ fehlt es in weiten Strecken an Spannung, den Protagonisten möchte man rütteln und schütteln, damit der endlich aus seiner Lethargie erwacht und ein Mann der Tat wird, und die Auflösung des Ganzen kommt am Ende viel zu schnell und problemlos daher, als dass sie den Leser begeistern kann. Was allerdings sehr rührend geschrieben ist, sind die Danksagungen des Autors, der laut Angaben des Verlags seit 2007 als Arzt in einer psychiatrischen Klinik arbeitet, sich für das alphabetische Einsortieren von Büchern, gelegentliches stressfreies Reisen und uneingängige Rockmusik interessiert. „Fledermausland“ ist sein erster Roman; mittlerweile liegt als zweites Werk der Roman „Fausto“ vor.

Oliver Dierssen: Fledermausland, Heyne Verlag, München, 2009, 448 Seiten, Taschenbuch, 12,95 Euro, ISBN 978-3453266636