Das schwedische Autoren-Ehepaar Alexandra Coelho Ahndoril und Alexander Ahndoril war mit seinem Krimidebüt „Der Hypnotiseur“ überaus erfolgreich. Jetzt ist der vierte Kriminalroman mit dem eigenwilligen Ermittler Joona Linna erschienen – brutal und blutrünstig wie eh und je, jedoch auch hanebüchen und unausgegoren wie nie zuvor. Intelligente Krimi-Unterhaltung liest sich anders.
Dreizehn Jahre nach seiner Entführung torkelt der junge Mikael Kohler-Frost im Schneegestöber über eine Eisenbahnbrücke. Offiziell ist er vor sieben Jahren für tot erklärt worden und gilt als eines der Opfer des Serienmörders Jurek Walter. Auch Mikaels Schwester ist damals vom „Sandmann“ gekidnappt worden. Nun besteht Hoffnung, dass sie ebenfalls überlebt hat und womöglich irgendwo in Schweden auf ihre Befreiung wartet. Ihr Bruder Mikael war zwar mit ihr zusammen eingesperrt, kann sich jedoch an kaum etwas erinnern. Und die Zeit drängt.
Die einzige Hoffnung bietet nun ausgerechnet Jurek Walter, der in einer Psychiatrie in Isolationshaft sitzt und ein höchst unangenehmer Zeitgenosse ist. Niemand geht davon aus, dass Walter aus freien Stücken bei der Befreiung seines eigenen Opfers behilflich ist. Joona Linna, der Kommissar der Landeskriminalpolizei, hat deshalb eine andere Idee: die Kollegin Saga Bauer vom Staatsschutz soll als verdeckte Ermittlerin in die Psychiatrie eingewiesen werden und sich das Vertrauen des Serienmörders erschleichen.
Wirkt arg konstruiert
Da fügt es sich ganz gut, dass die zu diesem Zeitpunkt Stress mit ihrem arroganten Freund hat. Alleine das wirkt arg konstruiert. Es fügt sich, weil es passen soll. Immer wieder fallen Ungereimtheiten auf, und Zusammenhänge sind teilweise unlogisch verknüpft. Gerade die Szenen in der Psychiatrie, die den perfekten Schauplatz für ein feines Kammerspiel bietet, werden sehr überstrapaziert, um eine überzogene Dramatik aufzubauen. Und für die Figur des eingesperrten Serienmörders stand wohl zu sehr Anthony Hopkins Paraderolle des Dr. Hannibal Lecter aus „Das Schweigen der Lämmer“ Pate.
„Der Sandmann“ ist kein Krimi, den man gelesen haben muss. Erst recht muss man ihn nicht im Regal stehen haben. Will man aber alle von Lars Kepler gelesen haben, so ist dieser Roman der schwächste. Ganz sicher wird es einen weiteren Roman mit dem Ermittler Joona Linna geben, so viel ist dank eines Cliffhangers sicher. Man kann nur hoffen, dass das Autorenpaar für das nächste Werk eine gründlichere Recherche betreibt und vor allem die Logik beachtet. Das wäre schon viel wert.
Lars Kepler: Der Sandmann, Bastei Lübbe Verlag, Köln, 2014, 574 Seiten, gebunden, mit Lesebändchen, 19,99 Euro, ISBN 978-3431038873, Leseprobe