In des Waldes finstern Gründen

WildwoodAls die zwölfjährige Prue nur einen Moment nicht aufpasst, geschieht das Unfassbare: Ein Schwarm Krähen greift sich ihren kleinen Bruder Mac und fliegt mit ihm in die „Undurchdringliche Wildnis“ jenseits der Stadt. Die mutige Prue zögert nicht lang und macht sich auf, ihren Bruder zu retten. So beginnt eines der derzeit schönsten Kinder- und Jugendbücher: „Wildwood“, geschrieben von Colin Meloy und zauberhaft illustriert von dessen Frau Carson Ellis.

Prue lebt mit ihrem einjährigen Bruder Mac und ihren Eltern in Portland im amerikanischen Bundesstaat Oregon. Im Südosten grenzt die Stadt an die „Undurchdringliche Wildnis“, jene finsteren Wälder, die kaum ein Mensch je betreten hat und wovor die Eltern stets warnen. Nur wilde Tiere leben dort, und die gehen wenig zimperlich mit Menschen um, die ihre Grenzen übertreten, heißt es. Doch jetzt sind die Tiere in die Stadt eingedrungen und haben ein Baby entführt, Prues Bruder!

Mit ihrem Klassenkameraden Curtis macht sich Prue auf, ihren kleinen Bruder aus den Fängen der Krähen zu retten. Der Übergang in die „Undurchdringliche Wildnis“ ist wesentlich einfacher als gedacht, denn ganz so undurchdringlich ist sie gar nicht. Doch als sie auf die erste Lichtung stoßen, wird ihnen schnell klar, dass hier einiges anders ist als drüben in der Stadt. Dort auf der Lichtung nämlich hat sich ein Dutzend Kojoten um die Überreste eines Lagerfeuers versammelt – und sie sprechen miteinander und tragen alle die gleichen roten Uniformen!

Eine ganz schön fiese Pflanze

Eine seltsame Welt haben die beiden da betreten. Und auf ihrer Reise erleben sie noch viel eigentümlichere Dinge. Phantasievoll und mit Witz erzählen Meloy und Ellis ein skurriles Märchen über gefiederte Freunde, eine böse Hexe, Kojoten und Räuber. Es geht um Macht, Magie und Politik. Und ganz nebenbei erfährt der Leser, dass Efeu im Grunde eine ganz schön fiese Pflanze sein kann.

Bemerkenswert sind auch die Illustrationen und Farbtafeln von Carson Ellis, die durch die Gestaltung der Alben von „The Decemberists“, der Band ihres Mannes, bekannt wurde. Ihr Stil ist großartig und zeigt ihr deutliches Gespür für Minimalistik. Eindrücke der Illustrationen sind im Buchtrailer des Verlags zu sehen.

Wahrlich eines der schönsten Kinder- und Jugendbücher der heutigen Zeit! Wer schon erwachsen ist, liest es, vielleicht im Lehnstuhl sitzend, Kindern vor. Sobald die im Bett sind, liest man heimlich weiter – garantiert.

Wiedersehen mit der mutigen Portland-Prue

Die Fortsetzung zu „Wildwood“ ist in Amerika schon erschienen, in Deutschland ist noch kein Veröffentlichungsdatum bekannt. Sicher aber ist: Die Abenteuer gehen weiter, und es gibt ein Wiedersehen mit der kleinen, mutigen Portland-Prue. Unbedingt lesen!

Colin Meloy/Carson Ellis: Wildwood, Heyne Verlag, München, 2012, 591 Seiten, gebunden, mit sieben Farbtafeln und 30 Schwarz-weiß-Illustrationen, 19,99 Euro, ISBN 978-3453267145

Ruby und die Liste

Ruby hat es in diesen Tagen nicht leicht. Seitdem ihre Liste mit den 15 Jungennamen, die eigentlich für ihre Seelenklempnerin gedacht war, in der Schule aufgetaucht ist und dort kursiert, spricht ihre beste Freundin nicht mehr mit ihr, Ruby wird als berüchtigte Schlampe abgestempelt und eine Panikattacke folgt der nächsten. Wie dieser ganze Schlamassel passieren konnte, davon sollte man sich in „15 Jungs, 4 Frösche + 1 Kuss“ überzeugen.

Dass es mit 15 Jahren nicht unbedingt üblich ist, schon eine Seelenklempnerin zu haben, ist Ruby auch klar. Aber ihre ziemlich schrägen und besorgten Eltern sind der Meinung, anders sei ihren Panikattacken nicht zu begegnen, als sie in die Obhut einer Psychologin zu geben. „Die Liste war eine Hausaufgabe für meine geistige Gesundheit. Doktor Z sagte, ich solle alle Freunde, So-was-Ähnliches-wie-Freunde, Fast-Freunde, Gerüchteweise-Freunde und Erträumte-Freunde, die ich je gehabt hatte, aufschreiben.“ Es wird eine Liste mit 15 Jungennamen, angefangen mit Adam („aber der zählt nicht“) über Sky („aber er hatte eine andere“) bis Cabbie („aber da bin ich unentschlossen“).

15 Jungs, 15 Kapitel. Und die sind herrlich kess und aufrichtig erzählt, mit jenen Problemen des ersten Verliebtseins, dazu anstrengende, geradezu peinliche Eltern sowie Freundschaften, die auf Belastungsproben gestellt werden. Es ist sicherlich eher ein Buch für Mädchen im Alter zwischen 13 und 16 Jahren, aber möglicherweise liest es auch heimlich der eine oder andere Junge und weiß danach besser Bescheid über dieses Mädchen-und-Jungs-Ding.

Der übliche Text reicht nicht aus

Doch Emily Lockhart hat mit Ruby nicht nur eine famose Figur erschaffen, sondern bringt den jungen Lesern auch noch das Fußnotenlesen bei, denn Ruby hat so viel zu erzählen, dass der übliche Text nicht aureicht und sie ihn teilweise mit Fußnoten am Ende der Seite ergänzen muss. Zum Verständnis des Buches müssen die Anmerkungen zwar nicht gelesen werden, aber sie bieten interessante Hintergrundinformationen. Sehr schöne Idee!

Wer mehr über die amerikanische Autorin Emily Lockhart erfahren möchte, dem sei ihr englischsprachiger Blog sowie ihre ebenfalls englischsprachige Homepage empfohlen. Dort erfährt man nicht nur, welche Bücher sie wie verrückt geliebt hat, als sie selbst 14 Jahre alt war, sondern auch, dass sie Autorin werden wollte, seitdem sie acht Jahre alt ist. Und dass ihre Lieblings-Eissorte Häagen Dazs dulce de leche ist. Oder dass sie schon einmal mit Stachelrochen geschwommen ist. Herrlich! Einfach mal reinlesen.

Der erste Teil von Rubys Erlebnissen („15 Jungs, 4 Frösche + 1 Kuss“) ist bereits 2009 erschienen, die Fortsetzung („Ruby, die Jungs und wie man sie zähmt“) wurde im Juni 2012 veröffentlicht. Ein dritter Band soll im Dezember 2012 folgen. Man darf also auf weitere schräge Geschichten von Ruby gespannt sein. Mädchen (und Jungs): lesen!

Emily Lockhart: 15 Jungs, 4 Frösche + 1 Kuss, Carlsen Verlag, Hamburg, 2009, 285 Seiten, Taschenbuch, 9,95 Euro, ISBN 978-3551357748, vom Verlag empfohlenes Alter: 13 bis 16 Jahre
Emily Lockhart: Ruby, die Jungs und wie man sie zähmt, Carlsen Verlag, Hamburg, 2012, 256 Seiten, Taschenbuch, 9,95 Euro, ISBN 978-3551311337, vom Verlag empfohlenes Alter: 13 bis 16 Jahre

Ein eiskaltes Lese-Ärgernis

Wenn in einem Jugendbuch mindestens 16 Mal der Genitiv nicht gebraucht wird, wo er nötig ist, ist das für die Erziehung junger Leser zur richtigen Grammatik niederschmetternd. Wenn der Verlag dazu auch noch eine Lehrerhandreichung anbietet, das Buch also im Unterricht behandelt werden könnte, kann man nur hoffen, dass möglichst viele Lehrer zuvor diese Rezension lesen. Denn „Kälte“ von Michael Northrop ist nicht nur grammatikalisch ärgerlich, sondern inhaltlich auch noch dünn und unausgegoren.

Als die Schüler der Tattawa Regional Highschool in Neuengland aus dem Fenster sehen, fängt es gerade an zu schneien. Das beunruhigt sie zunächst nicht weiter, denn es hat den ganzen Monat schon viel Schnee gegeben. Als es aber immer heftiger schneit und der Wetterbericht eine Schneesturmwarnung herausgibt, sagt der Rektor die Sportveranstaltungen für den Nachmittag ab und schickt alle Schüler nach Hause. Doch nicht alle verlassen die Schule: Sieben Schüler und ein Geschichtslehrer bleiben – aus unterschiedlichen Motiven.

Altmeister Stephen King hätte daraus womöglich eine beklemmende Geschichte gemacht. Dem amerikanischen Autor Michael Northrop aber gelingt das leider nicht. Er legt zwar verschiedene Charaktere an, die genug Konfliktpotential hätten, reizt das aber nicht aus. Erzählt wird die Geschichte des fast einwöchigen Schneesturms aus der Sicht des Zehntklässlers Scotty Weems, Basketballspieler im Schulteam. Mit seinen Freunden Jason Gillespie und Pete Dubois bildet er eine Dreierbande, die noch ein paar Stunden in der Schule bleiben wollen, um im Werkraum an Jasons „Flammenwerfer“ zu basteln, einem motorisierten Go-Kart. Jasons Vater, so die Abmachung, würde sie dann später mit seinem Allrad-Pickup abholen und sicher durch den Schnee bringen.

Ständige unterschwellige Bedrohung

Auch der Bad Boy der Schule, Les Goddard, ist noch in der Schule. Von ihm geht eine ständige unterschwellige Bedrohung aus, eilt ihm doch das Gerücht voraus, er trage immer irgendeine Art von Waffe bei sich und sei absolut unberechenbar. Dann ist da noch der Außenseiter Elijah James, für Scotty ein merkwürdiger Typ, der ständig in der Schulbibliothek sitzt und ansonsten in seiner eigenen Welt zu leben scheint.

Und schließlich komplettieren zwei Neuntklässlerinnen den Reigen, Krista O’Rea und ihre beste Freundin Julie Anders. Oder Enders. So genau weiß Scotty das nicht, denn sein Hauptaugenmerk liegt auf Krista, die sich äußerlich vor allem durch die „perfekte Kombination aus richtig dosierten Kurven und einem straffen, durchtrainierten Körper“ (S. 41) auszeichnet, oberflächlich betrachtet – und das bleibt leider auch so.

Obwohl sich allein durch die unterschiedlichen Charaktere viele Handlungsstränge anbieten, entwickelt sich keiner zu seiner überzeugenden Vollkommenheit. Sogar die aufkeimende Liebesgeschichte zwischen Scotty und Krista bleibt schwach und eher spekulativ. Wenn wenigstens die Beschreibung des Hauptplots gelänge! Doch es will keine rechte Beklommenheit beim Leser aufkommen. Es mangelt dem Buch an Ideen und an packend geschriebener Sprache. Die immerwährende Notiz, dass sich der Schnee immer höher türmt, langweilt schnell.

Die Dramatik der Isolation

Vielleicht ist es Scotty als Erzähler nicht gegeben, eine Geschichte so zu erzählen, dass man an seinen Lippen hängt. Er beobachtet zu oberflächlich, ist zu betont lässig und jugendlich, lässt nicht viel Raum für Dramatik. Und das, obwohl die Notbeleuchtung spärlicher wird, die Expeditionen in die Mensa zur Essensbeschaffung gefährlich sind, das Dach der Schule unter der Schneelast einzubrechen droht und die Verbindungen zur Außenwelt durch ein Radio nur einseitig sind. Potential hat die Geschichte, obwohl sie so und anders schon oft erzählt worden ist. Allein: es wird nicht genutzt. Die Dramatik der Isolation bleibt unter ihren Möglichkeiten.

Die durchgängige Missachtung des Genitivs aber ist ein wahres Lese-Ärgernis. Dass das beim Lektorat nicht aufgefallen ist, ist unverständlich. Das Argument der Jugendsprache darf hier nicht gelten, denn obwohl sich der Text deutlich an jüngere Leser wendet, muss auf die Einhaltung der Grammatik geachtet werden. Alles andere ist bedenklich, vor allem in Kinder- und Jugendbüchern. Wird hier in einer nächsten Auflage nicht nachgebessert, ist von einer Schullektüre abzuraten.

Michael Northrop: Kälte, Loewe Verlag, Bindlach, 2012, 253 Seiten, Taschenbuch, 6,95 Euro, ISBN 978-3785574287, vom Verlag empfohlenes Alter: 13 bis 16 Jahre

Die Totgeburt einer Legende

Der Veröffentlichung des ersten Teils der „Legend“-Trilogie von Marie Lu ging eine Medienkampagne voraus. Die Filmrechte sind bereits verkauft, ein Buchtrailer versprach Großes. Doch „Fallender Himmel“ ist nur eine von vielen Dystopien, die derzeit vor allem im Jugendbuchbereich auf den Markt schwemmen. Und die Idee krankt vor allem an ihrer Unausgereiftheit.

Los Angeles im Jahr 2130. Die Republik Amerika führt Krieg gegen die Kolonien, während in den Städten Seuchen grassieren. Durch die Straßen patroulliert die Seuchenpolizei und markiert all jene Häuser, in denen bereits Erkrankte wohnen, mit einem roten X. Auch an dem Haus von Days Familie prangt ein solches Mal, aber er wäre nicht Amerikas meistgesuchter Verbrecher, wenn es ihm nicht gelingen sollte, Medikamente für seine Familie zu besorgen.

Doch der Einbruch im Krankenhaus verläuft anders, als Day erwartet hat. Er muss fliehen, wird schwer verletzt und kann seinen Verfolger nur mit einem beherzten Messerwurf abschütteln.

Von Rachegelüsten getrieben

Der Verfolger aber ist niemand anderes als Metias Iparis. Dessen 15-jährige Schwester June hat als einziges Kind jemals die volle Punktzahl des „Großen Tests“ erreicht und ist als Elitesoldatin für eine Militärkarriere vorgesehen. Ihr erster Auftrag lautet: Den vermeintlichen Mörder ihres Bruders Metias zu finden – Day, Staatsfeind Nummer eins. June, von Rachegelüsten getrieben, heftet sich an die Fersen des sagenumwobenen Rebellen und erkennt fast zu spät, dass sie nur ein Rädchen in einem großen, perfiden Spiel ist.

Dystopien haben derzeit Hochkonjunktur. Und es gibt gute Beispiele wie die „Die Tribute von Panem“-Trilogie. Oder „Die Nacht von Shyness“. Doch der Anfang der „Legend“-Trilogie ist zu wenig durchdacht, um aus dem Wust der Anti-Utopien herauszustechen. Kaum etwas erfährt der Leser über die Hintergründe des Kriegs gegen die Kolonien, die politischen Machtverhältnisse und das Leben der Menschen abseits der Seuchen und Militäraktionen. Der Plot ist geprägt von Schwarz-weiß-Malerei, teilweise sehr brutalen Szenen und einer wenig nachvollziehbaren Liebesgeschichte. Die Idee, die Geschichte abwechselnd aus beiderlei Sicht zu erzählen, ist nicht neu, sorgt aber zumindest für etwas Abwechslung. Die beiden Hauptcharaktere bleiben dennoch blass und entwickeln keine Tiefe. Trotzdem: Dem rebellischen Day ist man als Leser schon näher, als der unglaublich stupide folgsamen June.

Diese Geschichte überzeugt nicht. Sie ist lesbar, ja, aber vor allem ist es ein Werk, das das Regal nicht braucht. Bitte nicht mehr davon!

Marie Lu: Legend – Fallender Himmel, Loewe Verlag, Bindlach, 2012, 367 Seiten, gebunden, mit Lesebändchen, 17,95 Euro, ISBN 978-3785573945, vom Verlag empfohlenes Alter: 14 bis 17 Jahre

Wenn es Nacht bleibt

Als Nia in der Diskothek des „Diabetic Hotels“ einen jungen Typen mit John-Travolta-Frisur kennenlernt, der nur unter dem Namen Wolfboy bekannt ist, beginnt die wohl schrägste Nacht ihres Lebens. Denn Wolfboy kommt aus dem Stadtviertel Shyness, wo die Sonne niemals aufgeht. Dort herrscht stets völlige Dunkelheit, und in den Straßen sind allerlei zwielichtige Gestalten unterwegs. „Die Nacht von Shyness“ – nicht nur für Jugendliche ein ganz und gar ungewöhnliches Buch, das unbedingt nachts gelesen werden sollte.

Nia nennt sich fortan Wildgirl und lässt sich von Wolfboy durch die Nacht von Shyness führen. Sie betreten exklusive Clubs, essen Döner bei einer Wahrsagerin, die die Zukunft aus dem Verlauf der Adern voraussagt, und werden schließlich von einer Gang der zuckersüchtigen „Kidds“ überfallen. Die kleinen radelnden Ganoven stehlen Wolfboy das Feuerzeug seines Bruders, das ihm als einzige Erinnerung geblieben war. Klar: Das gute Stück muss wieder her. Und so ist es das mutige und nicht auf den Mund gefallene Wildgirl, das Wolfboy davon überzeugt, dass sie beide in die Festung der „Kidds“ einbrechen müssen, um seine Erinnerung an den Bruder zurückzuholen.

Die Geschichte klingt flach und unbedeutend und ist doch in ihrer Ausgefallenheit so verrückt wie anrührend und überzeugend. Es gilt, den Kopf frei zu machen und sich auf die Welt von Shyness einzulassen. Dystopien haben in Büchern derzeit Hochkonjunktur, aber hier ist eine besonders gelungene angelegt: Ein Stadtviertel, in dem seit fast drei Jahren die Sonne nicht mehr scheint, während in anderen Vierteln alles seinen gewöhnlichen Gang geht, zuckersüchtigte Kinderbanden, die von kleinen Affenhorden begleitet werden, sowie ein Psychiater, der offenbar einen rätselhaften Plan verfolgt – und niemand weiß den Grund für die plötzliche Dunkelheit.

Es strotzt vor Phantasie

Wolfboy – der Name erinnert unweigerlich an Bücher, in denen Wölfe oder Werwölfe ihr Unwesen treiben, doch in einem Interview, das dem Roman beigefügt ist, erklärt die australische Autorin Leanne Hall: „Die Namen Wolfboy und Wildgirl habe ich bei einer Recherche über den schwedischen Botaniker Carl von Linné, der im 18. Jahrhundert gelebt hat, entdeckt. In seinem Buch „Systema naturae“ hat er Gedanken zu einer Rasse namens Monstrosus notiert, unter ihnen Wolfboys und Wildgirls.“ Beide Charaktere sind allerdings kaum monströs, wenn man davon absieht, dass Wolfboy ab und zu ein Heuler entfleucht. Wer jetzt denkt: „Das ist doch Fantasy – nichts für mich“, dem sei anempfohlen, das Buch trotzdem zur Hand zu nehmen, denn es wäre zu einfach, „Shyness“ in die Fantasy-Schublade zu stecken. „Shyness“ ist kein Fantasy-Buch, und doch strotzt es vor Phantasie.

Aber nicht nur der Autorin ist ein Lob für ihr ungewöhnliches Buch auszusprechen, sondern auch dem Aufbau-Verlag, der sich bei der Umschlaggestaltung wirklich Gedanken gemacht hat. Denn sobald das Licht erloschen ist und das Buch in schwarzer Nacht liegt, leuchtet die weiße Farbe auf dem Buchdeckel, der Mond, die Häuser, die Wolken – das ist wirklich gut durchdacht. Und für den Fall, dass der Leser des Nachts aufwacht, völlig gefesselt von einem Gedanken, so ist dem Werk ein „Notizheft für Nachtgedanken“ beigefügt. Wenn nur mehr Verlage so liebevolle Mühe auf die Edition einiger Bücher verwenden würden!

„Die Nacht von Shyness“ wird fortgesetzt. Auf Englisch ist der zweite Teil namens „Queen of the Night“ bereits seit dem 27. Februar 2012 erhältlich, ein Erscheinungsdatum für die deutsche Ausgabe ist nicht bekannt. Sie wird aber von den Lesern der „Nacht von Shyness“ sehnlichst erwartet werden, denn einige Geheimnisse sind noch längst nicht gelöst. Bis dahin: Schlafen Sie gut!

Leanne Hall: Die Nacht von Shyness, Aufbau Verlag, Berlin, 2012, 280 Seiten, gebunden, 16,99 Euro, ISBN 978-3351041540

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